Die Kemerelle Saga: Der Drache Mein Beschützer Mein Gebieter


Der Drache Mein Beschützer Mein Gebieter -


In Sjulkana – dem „blühenden Garten“ im Land des hüfthohen Wassers

„Ist er da?“

„Ja, Herr.“ Der junge Leutnant der Ersten Legion bedeutete Ret, ihm zu folgen.

Angespannt wischte sich Ret den Schweiß von der Stirn, atmete tief durch und trat in den „Freudenpalast“ ein – in einen der prunkvollsten Bauten inmitten der „blühenden Gartenstadt“. Vorbei an den Schwimmbädern, Saunen und Sporteinrichtungen ging es in Richtung Massageräumlichkeiten. Dieser Ort bot jegliche nur denkbare Annehmlichkeit und war eines jomdahnischen Königs würdig. Marmor, kostbare Teppiche und funkelnde Verzierungen aus Gold, soweit das Auge reichte. Doch für die zahlreichen Möglichkeiten der Entspannung hatte er im Augenblick keinen Blick. Fast.

Drei bildhübsche Sklavinnen kreuzten seinen Weg. Mit einem scheuen Lächeln auf den Lippen. Und zu seiner Freude völlig nackt. Der fruchtige Duft ihres Parfums stieg ihm in die Nase und er quittierte ihre verschämten Blicke mit einem breiten Grinsen.

„Der General erwartet Euch, Herr.“ Der Leutnant blieb stehen und zeigte in einen abgetrennten Bereich. Auf dem Massagebett lag er – Onkel Leykem. Auf dem Bauch und splitternackt. Nicht einmal ein Handtuch um die Hüften hielt er für nötig. Und die beiden süßen Käfer, die ihn massierten, wohl auch nicht.

„Ah, Ret, mein Junge. Ich bin gleich fertig.“ Mit grotesk jugendlichen Gesichtszügen sah er auf. Verdammt, er wirkte keinen Tag älter als sechzig Doppelmonde – und damit keinen Tag älter als Ret selbst. Das war dem unsterblichen Blut in seinen Adern geschuldet. Onkel Leykem sagte immer, es wäre ein Segen und ein Fluch zugleich … Vom Fluch war im Augenblick jedoch nicht viel zu erkennen. Und die Mädchen schienen sich daran auch nicht zu stören. Gern wäre Ret ähnlich verflucht gewesen wie er …

Onkel Leykem bedachte die Mädchen, die seine Armmuskeln hingebungsvoll lockerten, mit einem warmherzigen Blick. Und Ret konnte es ihm nachfühlen. Schwarzes Haar. Herrlich dunkle Haut. Und sie hatten beide dieses Lächeln – dieses Lächeln, das bewies, dass sie Spaß nicht abgeneigt waren. Richtigen Spaß …

Was für ein Anblick! Bis auf zwei schmale Bänder, die ihre Scham bedeckten, trugen sie nichts. Mit einem vielsagenden Funkeln in ihren Augen beendeten die Mädchen die Massage.

„Danke … Geht schon mal voraus und bestellt euch etwas Leckeres. Ich komme gleich nach.“ Onkel Leykem setzte sich auf und klatschte der Kleineren auf den nackten Po. Mädchenhaft quietschte sie auf und tänzelte auf Zehenspitzen an ihm vorbei, aber nicht ohne seine stattliche Erektion mit ihren verspielten Hüften zu streifen.

„Und holt noch eine Freundin dazu.“

„Ja, mein General“, zwitscherten sie vergnügt.

„Auch eine Möglichkeit, sich die Zeit zu vertreiben“, befand Ret und starrte amüsiert den schaukelnden Pos hinterher.

„Und jeden einzelnen Leya wert.“ Onkel Leykem grinste. „Hast du gewusst, dass der ‚Freudenpalast’ vor etlichen Jahren sogar die löbliche Erwähnung des Kaisers fand?“

„Nein.“ Aber es wunderte ihn auch nicht.

„Selbst in Merlisade musst du einen Ort wie diesen suchen … Was macht deine Verletzung, Junge?“

„So gut wie verheilt.“ Ret klopfte sich auf den Oberschenkel.

„Und das Fieber?“

„Weg. Ich bin wieder topfit und bereit, jede mir übertragene Aufgabe zu erfüllen.“

„Das ist gut. Ich wünschte, ich könnte dasselbe von mir behaupten. Verdammter Kumaa-Speer.“ Mit gequälter Miene bewegte er seine Schulter. Die Narbe glänzte blassrosa. Schweißperlen funkelten auf seiner Stirn. Er litt bei jeder Bewegung Höllenqualen.

„Machen wir es kurz, Ret“, schüttelte er den Kopf. „Es sieht nicht gut aus. Ganz und gar nicht gut.“

„Aber …“ Rets Kehle schnürte sich zu und das Schlucken fiel ihm schwer. „Aber ich dachte … Ich WILL zurück, Onkel Leykem. Ich MUSS zurück.“

„Zurück?! Für wen hältst du dich?! Für einen unsterblichen Sternenboten?! Du bringst es fertig und verlierst diesmal dein Leben.“

Ret legte den Kopf in den Nacken und seufzte.

„Sei froh, dass du noch einmal davongekommen bist, Junge, und vergiss das alles.“

„Aber … du bist der General, zur Heimatlosigkeit noch mal!“

„Ret“, beschwor Leykem ihn. „Im Hauptquartier würden sie am liebsten Köpfe rollen sehen … Vorerst gibt es für dich nicht die geringste Chance auf ein eigenes Kommando. Nicht, nach allem, was vorgefallen ist. Und somit ist leider auch eine Versetzung in eine andere Legion oder ins Hauptquartier kein Thema mehr.“

„Das … Das glaube ich jetzt nicht!! Zwei volle Doppelvollmonde habe ich mich abgemüht und …“ Über dreihundert Tage der Qual, des Schmerzes und der Überwindung. Der Arzt im Feldlazarett hatte gemeint, er würde nie wieder normal gehen können. Er hatte diesem albernen Quacksalber das Gegenteil bewiesen. Und jetzt …

„Es tut mir leid“, schloss Onkel Leykem.

Ret atmete aus. Das war’s also?! Ein Tag – ein einziger Tag – sollte ihm das ganze Leben ruinieren?!

Er hatte gewusst, dass es schwierig werden würde. Doch jetzt zu erfahren, dass es unmöglich war … das war … das war … „Dann wollen sie mich also endgültig vom Dienst freistellen?!“ Genau etwas in der Art hatte er gefürchtet. Seit jeher. Von Kindesbeinen an. Eines Tages aufzuwachen und nicht zu wissen, was er mit seinem restlichen Leben anfangen sollte. Einerseits fühlte er sich zu alt, etwas gänzlich Neues zu beginnen. Andererseits viel zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen. Er konnte doch gar nichts anderes als das, wozu sie ihn ein Leben lang ausgebildet hatten. Er wollte auch gar niemand anderes sein als der, der er war!

„Falls es dir ein Trost ist – es sind schon Bessere als du an Kumaa gescheitert. Und du wirst auch nicht der Letzte sein.“

Nein. Das war ihm kein Trost! Nicht im Geringsten.

„Du weißt, dass ich mir nichts zuschulden habe kommen lassen, Onkel Leykem, oder glaubst du …“

„Es spielt keine Rolle, was ich weiß oder glaube, Junge. Kumaa war immer ein Prüfstein für uns alle.“ Onkel Leykem unternahm einen weiteren schmerzhaften Versuch, seine verletzte Schulter zu bewegen. „Kumaa macht aus jedem einen anderen. Niemand weiß das besser als ich. Du hattest einfach Pech … Nach allem, was dir widerfahren ist, hätten viele freiwillig ihren Abschied eingereicht. Wieso suchst du dir nicht eine nette, junge Frau und machst ihr ein halbes Dutzend Kinder?“

„Aufzugeben, ist nicht mein Ding, Onkel Leykem … Kannst du absolut nichts tun? Ich meine, du bist der General der großen und ruhmreichen Ersten Legion, bei allen Sternenboten noch mal! Du und dein Stab zaubern doch sonst auch jedes Mal einen Trick aus dem Hut. Das tut ihr doch immer!“

„Hmm.“ Der General sah ihn lange an. So lange, dass Ret sogar das Tropfen des Wassers aus den Hähnen in das Becken nebenan hörte. Und das entfernte Stöhnen von Männern und Frauen.

Ekstatisches Stöhnen.

„Nun … Eine Möglichkeit gibt es für dich im Spiel zu bleiben.“ Überlegend kratzte sich Leykem an der Stirn. Genau neben dem Mal, das ihn als „Auserwählten“ auszeichnete. „Es ist NUR eine Möglichkeit. Eine winzige. Aber … Nein, nein, das ist sicher nichts für dich!“

„Doch, doch, doch! Wenn ich nur wieder die Chance bekomme, einzusteigen.“ Beschwörend hob Ret die Hände.

„Also gut.“ Onkel Leykem winkte ihn zu sich senkte seine Stimme zu einem Flüstern.

Konzentriert hörte Ret ihm zu und …

„Ich soll … WAS???“ Seine Frage schallte quer durch die gesamte Badeanstalt. Unzählige Gesichter drehten sich nach ihm um. Männliche Gäste gleichermaßen wie nackte Sklavinnen. „Das kommt gar nicht infrage!“

„Ret! Unsere Freunde in diesem Teil der Welt werden gerade mächtig unter Druck gesetzt. Es wurden zig Morddrohungen ausgesprochen. Das Oberkommando nimmt das ernst.“

„Ich bin Legionssoldat, kein … kein Babysitter!“, erboste sich Ret.

„Jetzt komm mal wieder runter! Prinzessin Yuliya ist weit davon entfernt, ein Baby zu sein. Als ich sie das letzte Mal sah … war sie eine ganz aufgeweckte Zwanzigmonderin.“ Onkel Leykem lächelte sein sonnigstes Generalslächeln.

„Oh Mann … Soleter, du schadenfroher Glatzarsch!“ Ret schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Zwanzig Monde! Wahrscheinlich machte sie noch Sitzkreise für alle ihre Puppen. Er würde jedenfalls keinen Kuchen servieren! „Womit habe ich das verdient?!“

„Ich fürchte, du hast keine andere Wahl“, zuckte Leykem mit den Schultern. „Wenn du weiterhin die Möglichkeit am Leben erhalten willst, jemals wieder deine Karriere fortzusetzen, dann nimmst du besser an … Sonst muss ich einen anderen mit der Aufgabe betrauen.“

Rets Kiefer arbeitete. Wie war das? Einen anderen?

„Ja, ganz richtig“, bestätigte Leykem. „Andere würden sonst etwas geben für diese Chance.“

Ret unterdrückte eine Verwünschung. „Ich bin diesen einen Tag immer und immer wieder durchgegangen. Jeden einzelnen Augenblick. Und ich komme immer wieder zu demselben Ergebnis. Wir hätten sie retten können – sie ALLE – wenn fünfzig Mann für eine halbe Stunde mehr Disziplin aufgebracht hätten.“

„Das werden wir leider nie erfahren.“

„Ich würde nichts anders machen, könnte ich den einen Tag noch einmal durchleben. Nicht das Geringste!“

„Mein Angebot ist deine einzige und letzte Chance“, beendete Leykem Rets Überlegungen. „Solltest du noch einmal Schande über dich und den Namen unserer Familie bringen, dann kann selbst ICH dir nie wieder helfen. Also, wie entscheidest du dich?“

„Also Babysitter“, nickte Ret und seufzte. „Bis an die Tore der Heimatlosigkeit und darüber hinaus!“ Das war der Wahlspruch der Ersten Legion und wenn der Weg dorthin über Joudah führte, dann musste es eben so sein. Was blieb ihm anderes übrig? Bei Soleters Arsch im Himmel!

Zwei barbusige Mädchen kamen auf ihn zu und lächelten errötend. Ach, was soll’s, nicht wahr?! Er gönnte sich einen ausgiebigen Blick auf das anregende Hüftschaukeln und die wippenden Brüste. Lachend zog er eine der beiden zu sich und raubte ihr einen harten Kuss. Sie schmolz wie Wachs in seinen Händen. Ha, ja!! Er würde sich heute noch zwei, drei dieser süßen Käfer gönnen – wenn er schon gezwungen war, auf ein kleines Mädchen im Schulalter aufzupassen. Bei allen Sternenboten! Was waren Frauen doch für ein herrlicher Zeitvertreib! Und wenn er erst einmal am Ziel all seiner Wünsche angelangt war, dann regnete es für ihn mehr willige Geliebte, als ein Mann allein bewältigen konnte.

„Ah, ah, ah, ah“, ging Leykem dazwischen und lächelte böse. „Diese süßen, kleinen Schnittchen gibt es erst wieder für dich, wenn dein Auftrag erledigt ist.“ Er klatschte der Kleinen fest gegen den Po und grinste selbstzufrieden.

„Oh“, machte sie schmollend und biss sich verspielt auf die Unterlippe.

Sehnsüchtig starrte Ret den beiden hinterher.

„Ret … Vermassle es nicht, ja?“, warnte Leykem. „Ich meine es ernst! Das ist deine letzte Chance! Die allerletzte!!“

„Onkel Leykem, ich bitte dich“, winkte Ret lachend ab. „Warum machst du dir so viele Sorgen? Einen Doppelvollmond lang auf ein kleines Mädchen aufzupassen. Hundertachtzig Tage … Ich meine … Was in Milarens Namen könnte da schon schiefgehen?“

* * *

In Joudah, der „Blume“ im Land der eintausend Wasserfälle

Aus dem Gemach der Prinzessin drangen leidenschaftliche Laute – Laute geboren in zwei jungen Mädchenkehlen, die bewiesen, wie viel Lust sie gerade erfuhren. Und jemand, der zufällig im Gang gestanden wäre, hätte ohne Weiteres sein Ohr an die geschlossenen Türen halten können und dem schlüpfrigen Schauspiel lauschen, das sich innerhalb des Gemachs auf dem verschwenderisch großen Bett abzeichnete …

Yuliya zog ihre beste Freundin Sika zu sich und verging unter dem Gefühl von frisch eingecremter Haut auf ihrer eigenen. Dem Gefühl von seidig glatten Berührungen. Unter dem Genuss Brüste auf Brüste und Knospen auf Knospen. Und unter dem Verlangen fordernder Finger, die jede Stelle ihres heißen Körpers erkundeten.

Ihr Körper bäumte sich auf und das Seidenlaken rutschte vom Bett. Ihre Haut glänzte nass und ihr Haar wand sich in dunklen, verschwitzten Strähnen bis zu ihrem Bauchnabel. Wollüstig warf sie den Kopf in den Nacken und öffnete ihre Schenkel, so weit sie konnte. Voller Sehnsucht schob sie ihrer besten Freundin ihre erblühende Lustöffnung entgegen.

„Oh Yuli“, hauchte Sika heiser und küsste ihre Perle. Spielte mit ihr.

Yuli streckte ihre Hände nach ihrer besten Freundin aus und verschlang ihre Lippen. Sika erwiderte den Kuss mit einem schier schwindelerregenden Verlangen. Sie schmeckte himmlisch. Wie die Früchte des Dschungels. Und sie duftete nach Blütenkelchen voller Nektar … Ihre Hände strichen zärtlich um Yulis feuchte Scham. Um ihre weichen, glatten Schamlippen, die sich nass an ihre Fingerspitzen schmiegten. Yuli zog die Beine an und ließ ihre Fingerspitzen provozierend nach unten wandern und über ihr kleines Lustglöckchen wirbeln.

Sika ließ sich nicht zweimal bitten, sondern senkte ihre Lippen auf Yulis Lustknopf. Leckte ihn, bis jeder von Yulis Atemzügen in ein Stöhnen mündete.

„Ja … Oh ja …“

Sikas Zunge verschwand immer tiefer in ihrer überquellenden Lustöffnung. Bis das Unausweichliche sie erfasste!

Himmel!!!

Ein … Ein Höhepunkt!!!

Ein Höhepunkt, den sie bis in ihre Zehen- und Fingerspitzen spürte!

„Preiset Soleter!!!“, stieß Yuli atemlos hervor.

Ein herrliches Pochen begleitete den langsamen Abstieg von ihrem Lustgipfel. Ihre Schenkel zitterten unkontrolliert. Ihr Becken. Ihre Schenkel.

Sie musste dem Gott der Götter unbedingt ein Dreihornkalb opfern – als Dank dafür, dass er in seinen Träumen den weiblichen Orgasmus ersonnen hatte.

Doch vorher …

Energisch schubste sie ihre beste Freundin zurück auf das Laken und leckte sie in alle Sternenhimmel. Sika verrenkte sich in ekstatischen Zuckungen und schrie ihren Orgasmus laut hinaus. So laut, dass er zweifellos im gesamten Flur des Frauentraktes gehört wurde. Wenn nicht sogar im ganzen Palast!

Sika blinzelte sie mit lustverhangenen Augen an. Kaute atemlos auf ihrer Unterlippe.

„Ich liebe dich, Yuli.“

„Ich liebe dich auch, Süße.“ Sie konnte nicht aufhören, zu lächeln. Auf diese Weise vergnügten sie sich nun seit geraumer Zeit. Seit dem Tag, an dem sie beide bemerkt hatten, dass sie Frauen geworden waren. Das war nun etliche Doppelmonde her. Eine kleine Ewigkeit. Sika war mehr als nur eine Sklavin und Spielgefährtin. Sie war ihre beste Freundin und ihr wie eine Schwester.

Sie konnte nicht anders. Sie fasste Sika an die geröteten Wangen und küsste sie. Verschlang ihre samtig weichen Lippen und ließ ihre beiden Zungenspitzen miteinander tanzen. Sika genoss den Kuss in vollen Zügen und sah ihr tief in die Augen.

„Ich wünschte mir, dass dieser Moment niemals endet.“

„Muss er auch nicht“, schnurrte Yuli. „Wir können immer so weitermachen. Als beste Freundinnen. Für immer und ewig.“

„Nicht für immer“, schüttelte Sika den Kopf. „Ich habe Mutter mit deinem Vater reden hören. Du bekommst einen neuen Leibwächter.“

Yuli verdrehte die Augen. „Wen kümmert’s?“

„Und spätestens Ende des Monats sollst du versprochen werden“, fügte Sika niedergeschlagen hinzu.

„Was??“ Yuli schnaufte. „Das ist ja wohl die Höhe. Heute Morgen hat Paps … da hat er gesagt … Na warte!!“ Wütend schwang sie ihre langen, geschmeidigen Beine aus dem Bett und schlang sich das dünne Bettlaken um die Hüften.

„Wo … Wo willst du hin?“ Sikas Stimme wehte ihr hinterher.

Zornig stieß Yuli die Türen ihres Gemachs auf und stampfte nach draußen auf den Gang des Frauentraktes. Und genauso zornig riss sie die Tür zum Hauptgemach auf …

„Vater heckt schon wieder aus, wie er am besten meine Jungfräulichkeit verschachern kann??“

Die Geliebten ihres Vaters sahen allesamt erschrocken auf und hielten in ihren belanglosen Tätigkeiten inne. Yulis Blick allein reichte aus, dass sie fluchtartig das Gemach verließen. Alle, bis auf eine.

Ajada. Sikas Mutter. Seufzend legte sie das Gewand zurecht, das der König am Abend tragen würde. „Dein Vater will nur das Beste für dich, Yule. Du bist die Kronprinzessin von Joudah. Damit sind Rechte und Pflichten verbunden.“

„Schwachsinn“, brüllte Yuli. „Welche Rechte denn??? Ich sehe immer nur Pflichten.“

„Bitte, Yuliya …“ Ajada flehte sie mit weinerlichen Augen an.

Nach Mutters Tod hatte Sikas Mutter deren Rolle übernommen und dafür war Yuli ihr jeden Tag dankbar. Ajada musste nur „Bitte“ flüstern, damit sie ein schlechtes Gewissen bekam.

„Ich finde das alles so ungerecht. Und ich finde es auch nicht richtig, dass Paps dich nicht schon längst zu seiner Frau gemacht hat.“ Und Sika zu ihrer Schwester. Damit sie nicht weiterhin ihre Sklavin sein musste.

„Du würdest den Anspruch auf den Thron verlieren, wenn ich ihm einen legitimen Sohn schenke.“

„Na wenn schon …“ Yuli blies sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Königskrone wollte sie sowieso nicht. Das Leben am Hof war ein verdammtes Korsett. Als Herrscher bediente man sich nicht der Macht – die Macht bediente sich der Herrscher. Wer etwas anderes behauptete, erzählte schlichtweg Unsinn.

„Ach, Yule“, seufzte Ajada.

Wütend starrte Yuli aus dem Fenster. Über die Stadt. In Richtung der smaragdgrünen Hügel und der zwei Dutzend Wasserfälle, die im Licht der heißen, nachmittäglichen Sonnen funkelten. Die Hügelwälder rings um die Stadt dampften. Da draußen herrschte das blühende Leben und sie war hier gefangen innerhalb der Mauern des Palastes. In einem Elfenbeinturm.

„Und was hat es eigentlich mit dem neuen Aufpasser auf sich?“

Ajada presste die Lippen zusammen. Sie wurde kreidebleich. „Es hat schon wieder eine Morddrohung gegeben.“

„Es gibt doch immer Morddrohungen. Schon seit ich denken kann. Irgendjemand will mich doch immer umbringen.“

„Bitte, Yule. Dein Vater macht sich doch nur Sorgen um dich.“

Sorgen! Sorgen!!! Yuli traten Tränen in die Augen. Sie wollte nicht, dass man sich Sorgen um sie machen musste. Auch Paps nicht. Sie wollte nur frei sein. Leben!

„Das alles ist so verdammt ungerecht.“ Wütend funkelte sie den grellblauen Himmel an und wischte sich die Tränen weg.

„Wie ich hörte, hat dein Vater diesmal einen ganz besonderen Mann für dich ausgewählt“, versuchte Ajada sie aufzumuntern.

Einen besonderen Mann … Pah!!! Yuli schnaufte und ließ sich die ewigen Sonnen ins Gesicht scheinen. Es gab keine besonderen Männer!

„Er ist ein Drache“, streute Ajada ein.

„Ein Drache?“ Ein entschlossenes Lächeln schlich sich auf Yulis geschwungenen Lippen. Oh ja, das versprach, lustig zu werden. „So, so, also einer dieser furchtlosen Insel-Seeleute … Ein Milareini. Mal sehen, wie schnell ich diesen neuen Aufpasser wieder los werde. Keiner hat bisher länger als drei Tage durchgehalten. Und er wird keine Ausnahme machen. Er wird das Handtuch werfen – genau wie alle anderen.“


2

In Joudah, der „Blume“ im Land der eintausend Wasserfälle

„Und das ist meine Tochter, Yuliya“, verkündete König Joudah voller Stolz und wedelte huldvoll mit seinem Arm. Ret mochte ihn vom ersten Augenblick an. Dieser hatte ein gewinnendes Lächeln und legte keinen Wert auf ein allzu steifes Hofzeremoniell – und das trotz der Tatsache, dass er der reichste Mann im Land der tausend Wasserfälle war.

Erwartungsvoll wandte Ret den Kopf und suchte die Palasthalle nach einem Mädchen mit langen Zöpfen und Zahnlücke ab. Stattdessen betrat jemand anderes den Thronsaal.

Jemand ganz anderes!

„Uhhhm“, machte König Joudah und vergrub erschöpft sein Gesicht in der Hand.

Nein???

Doch!

Bei Milarens Schwanz!!!

Ret schluckte.

Eng anliegendes, lilafarbenes Kleid aus Seide – so dünn, dass man sogar ihre Nippel hindurchschimmern sah – und bei jedem Schritt … Soleter, hab Gnade!!! Ihren Schoß! Ihr langes, schwarzes Haar umwehte ihren geschmeidigen Körper – mit einem arroganten Schwung, als wäre es lebendig. Und ihr Gesicht … Nur einer von tausend Steinmetzen hätte dem Marmor diese ausdrucksstarken Linien abtrotzen können. Ihre Augen sprühten, als würde das Universum durch sie sprechen. Und ihr Gang … Sie ging nicht. Sie glitt dahin, ohne den Boden zu berühren. Sanft wogten mit jedem Schritt ihre wohlgeformten Hüften hin und her.

Das??? Das war König Joudahs Tochter??? Das war Prinzessin Yuliya???

Rets Schwanz blies zum Alarm!

Das … Das war kein kleines Mädchen von zwanzig Monden! Das … Das war eine erwachsene Frau!! Ein … Ein Knaller – der unvermeidliche Donner nach dem Blitzschlag. Eine Kurvengöttin. Ein heißer Feger. Ein … prall gefülltes Kleidchen!

Ihm wäre sicher noch ein Dutzend anderer Wörter eingefallen, doch keines wurde ihrer Wahnsinnserscheinung auch nur annähernd gerecht. Jenes Wort, das sie in allen Facetten beschrieb, musste erst erfunden werden. Sie strahlte wie ein explodierender Stern und daran konnte nicht einmal ihr professionell gelangweilter Blick etwas ändern.

Verfluchte Scheiße! Onkel Leykem hatte etwas von einer Zwanzigmonderin gesagt! Ja … Aber er hatte nicht gesagt, wann er sie zuletzt als Zwanzigmonderin gesehen hatte. Der merkwürdige Humor von Unsterblichen. Wahrscheinlich lag Onkel Leykem gerade auf der Massagebank und lachte sich krumm. Falls ihm seine „Sahneschnittchen“ Zeit dafür ließen! Fuck!

In schönen, einstudierten Worten umriss König Joudah seinen Aufgabenbereich. Für ihre Sicherheit sorgen. Sie vor jeder Gefahr beschützen. Darauf achtgeben, dass sie nicht in Schwierigkeiten geriet …

Schwierigkeiten???

Na sicher doch!! Wahrscheinlich konnte sich das holde Prinzesschen ihrer Verehrer kaum erwehren. Wahrscheinlich überkletterten sie Nacht für Nacht lusttrunken die hohen Palastmauern, um durch ihr Fenster einzusteigen. Und um nicht eher zu gehen, bis das Morgenlied der Kreischbeutler erklang. Hatte sich was mit Morddrohungen! Sie brauchte keinen Leibwächter. Sie brauchte eine bärbeißige Anstandsdame, die ihren liebestollen Verehrern die Ohren lang zog. Und IHR gehörig den Po versohlte.

Soleter, du kranker Arsch!

Ret musste sich zusammenreißen, seinen Unmut nicht lauthals hinauszuseufzen. Dieser Auftrag war sogar noch schlimmer als befürchtet. Viel, viel schlimmer!! Sie war eine verzogene, verhätschelte Göre, die zeit ihres Lebens mit einem goldenen Löffel gefüttert worden war. Eine, die sich nie die Finger schmutzig machen würde, geschweige denn auf einem alten, klapprigen Karren mitfahren oder auch nur eine einzige Meile zu Fuß gehen …

Prinzessin Yuliya blinzelte ihn kurz an, nur um wieder voller Verachtung wegzusehen.

„Hoheit“, nickte Ret ihr zu. Yuliya … Der Name war ihm eindeutig zu sperrig. Er würde sie ’Liya nennen. Ja … ’Liya passte zu ihr. Oder besser nur Liya.

Sie stieß einen Laut aus, der entfernt an eine Mischung aus „Pah!!!“ und „Pffft!!!“ erinnerte.

König Joudah sah Hände reibend zwischen ihnen hin und her und grinste zufrieden.

„Ich sehe schon … Ihr werdet euch blendend verstehen.“ Und nur zu ihm raunte er: „Gratulation, Hauptmann Ret. Jetzt ist sie Euer Problem.“


* * *


Also, das war ihr neuer Leibwächter. Ihr neuer Aufpasser. Ihr Anstandswauwau. Groß, dunkel, kräftig gebaut, gut aussehend … Geradezu niederschmetternd gut aussehend. Aber das waren diese milareinisch-maleyanischen Legionstypen doch alle, oder? Dieser … Dieser Drachenkrieger. Und irritierenderweise schien er mehr auf dem Kasten zu haben, als alle seine Vorgänger. Denn die hatten sie nur idiotisch angeglotzt und dämlich gegrinst. Er dagegen hatte sie abschätzig gemustert und im Bruchteil eines Herzschlags sein Urteil über sie gefällt. Ein Urteil, das ihr nicht gefiel.

Egal.

Sie mochte ihn auch nicht. Das hatte sie gerade beschlossen. Und es würde ihr dafür umso mehr Spaß machen, ihn in Schwierigkeiten zu bringen und loszuwerden. Sich seinen Namen zu merken, war somit reine Zeitverschwendung. Was war „Ret“ überhaupt für ein Name? Klang ja verdächtig nach einem maleyanischen Rübengemüse!

„Hoheit, ich schlage vor, wir gehen im Anschluss Ihre tägliche Tagesroutine durch.“ Mühelos ging er in seiner schweren maleyanischen Rüstung neben ihr her. „Ich will wissen, mit wem Ihr Euch trefft und wann Ihr Euch trefft. Ich will wissen, was das Erste ist, das ihr am Tag tut, und ich will auch wissen, was das Letzte ist. Was ich gar nicht liebe, sind Überraschungen.“

Überraschungen, also?! War das so?

Einer ihrer Mundwinkel zog sich nach oben. Wenigstens kam er gleich zur Sache. Seine Vorgänger hatten damit immer erst einen Tag oder zwei gewartet.

Sie sah zu ihm auf. Was für blaue Augen! Die musste er Soleter gestohlen haben!

„Im Moment reicht es für Euch zu wissen, dass ich in mein Gemach gehen werde, um ein Bad zu nehmen.“ Wenn er glaubte, sie würde ihren gesamten Tagesablauf auf ihn abstimmen, war er schief gewickelt. Aber das würde er schon noch auf die harte Tour lernen. Sie lächelte ihn an.

Na so etwas! War das etwa ein zartes Erröten auf seinen kantigen Wangen? So kalt ließ sie ihn also doch nicht. Gut zu wissen …

Vor der Tür ihres Gemachs blieb sie stehen und wartete, dass er für sie öffnete.

„Vielleicht solltet Ihr mein Gemach überprüfen. Nicht dass sich dort jemand versteckt hält und mir beim Baden zusieht“, lag ihr unschuldig auf den Lippen. Doch er war schon hineingegangen und suchte systematisch jeden Winkel ab. Sogar unter dem Bett sah er nach. Irgendwie faszinierte sie die methodische Gründlichkeit, mit der er das machte.

Sie schritt gemächlich zur Badewanne und atmete tief den ätherischen Duft der Badekräuter ein. Sika hatte es ihr bereits eingelassen. Sie tauchte mit der Fingerspitze in das herrlich warme Nass ein und warf ihm einen langen Blick zu. Jetzt würde er gleich aus allen Wolken fallen … Aber so was von!

Das heißt … Wenn er endlich hersah.

Ausgiebig inspizierte er den Fenstersims und die Palastmauer außerhalb. Er schien konzentrierte Überlegungen anzustellen. Oh … Wie dienstbeflissen! Und langweilig!

„Die Weinranken müssen alle weg … Die geheimen Zugänge befinden sich wo?“

„Was??“ Sie lachte.

„Jomdahnische Paläste verfügen alle über ein ausgeklügeltes Geheimgangsystem“, dozierte er und drehte sich endlich um. „Ich will jeden einzelnen Zugang kennen, Hoheit. Besonders die, die zu diesem Gemach führen. Und ich will auch wissen, wie ich sie für die nächsten hundertachtzig Tage verriegeln kann.“

„Es gibt hier keine geheimen Zugänge“, verdrehte sie die Augen.

Er musterte sie argwöhnisch und nickte. Er glaubte ihr nicht.

„Was … Was ist denn in hundertachtzig Tagen?“, hörte sie sich fragen. Warum hatte er das mit den hundertachtzig Tagen erwähnt? Sie schluckte.

„Eure Verlobungsfeier ist doch in dreißig Tagen.“ Er lehnte sich lässig gegen den Sims des Fensters und verschränkte unetikettenhaft die Arme vor der Brust. Barbar! „Hundertfünfzig Tage später folgt die Vermählung, wie ich glaube, dass es Brauch in diesem Teil des Landes ist. Dann übergebe ich Euch der Obhut Eures Gemahls.“

Yulis Kehle schnürte sich zusammen und ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Also doch! Diesmal machte ihr Vater also wirklich ernst. Er wollte sie tatsächlich unter die Haube bringen. Ihr einen Mann besorgen. Wenn „Aufpasser Ret“ schon so detailliert über ihre Heiratspläne Bescheid wusste, war Paps sicher nicht mehr davon abzubringen. Sie musste sich dringend etwas einfallen lassen. Und das ganz, ganz schnell …